Während meines Studiums bekam ich 1979 die Möglichkeit, in der Nähe von Göttingen die Fassade eines Fachwerkhauses zu restaurieren und farblich zu gestalten.
Die Vorrecherche im Umland ergab, dass viele der alten Fachwerkhäuser mit Asbestplatten abgehängt worden waren. Von den Besitzern wurde mir bestätigt, dass dies dem dahinter liegenden Mauerwerk schadet und viele Tiere hier eine Unterkunft finden, die sonst außerhalb des Hauses leben.
Die gesundheitsschädigende Wirkung von Asbest war damals, obwohl bekannt, noch nicht veröffentlicht. Mit meinem Entwurf wollte ich eine neue Aufmerksamkeit für das ursprüngliche Fachwerk schaffen, wollte auf die hoch entwickelte Konstruktionsweise und die Schönheit dieser Bauart aufmerksam machen.
Ich verwendete unterschiedliche Farben, die in der Landschaft zu finden waren. Sie wurden verwendet, um die einzelnen Fachwerkelemente zu verdeutlichen; Dunkelgrün, Hellgrün und Weiß.
Die tragenden Ständer und Balken bekamen ein Dunkelgrünen, Hellgrün wurden die stabilisierenden, nicht-tragenden Kopfbänder und Riegel, ein mittleres Grün und Weiß bekamen die Gefache.
Das Erdgeschoss, in der Grundfläche kleiner als das darüberliegende Stockwerk, wurde weiß gestrichen, die beiden Obergeschosse in der Hauptsache mittelgrün – in einigen Gefachen wurde die Farbe Weiß wieder aufgenommen.
Diese Farbgewichtung basierte auf der farbpsychologischen Annahme, dass Schweres dunkel und Leichtes heller ist, hier galt die Umkehrung, womit normale Sehgewohnheiten außer Kraft gesetzt wurden.
Der Zuspruch im Dorf war zunächst hervorragend. Das änderte sich urplötzlich, als die Polizei nach einer Baugenehmigung fragte – die wir damals natürlich nicht hatten ......
Durch den persönlichen Einsatz des damaligen Landrats konnten wir unsere Arbeit beenden, das Fachwerk als solches bekam tatsächlich mehr Aufmerksamkeit. Der inzwischen neue Eigentümer hat das Gebäude innen und außen aufwändig restaurieren lassen, die Fassade wurde zum großen Teil erhalten.
Diemarden im Frühsommer | Löwenzahnwiesen und Rapsfelder im Mai. Das Dorf liegt eingebettet zwischen sanften Hügeln aus Muschelkalk und Buntsandstein. Korn, Raps und Weideland bestimmten das Landschaftsbild. |
Das Fachwerkhaus | Die Gefache, meist noch aus Lehm und Stroh, sind relativ gut erhalten. | Die undichten Kastenfenster sind aus Kostengründen nicht mehr in der historischen Bauweise ersetzt worden.
Die Wetterseite | Diese relativ ungeschützte Seite war stark lädiert. | Auch hatte an dieser Hauswand vorher ein Hühnerstall gestanden, die Balken und das Gefache waren durch die Stallausdünstung stark beschädigt.
Recherche, Abhängung mit Asbestplatten | In der Umgebung gab es viele Fachwerkbauten, die mit Asbestplatten abgehängt waren. Ein kurzfristiger, zudem sehr giftiger Schutz. |
Der Entwurf | Um die Funktionen der komplexen Holzkonstruktion des Fachwerkbaus mit seinen tragenden und stützenden Elementen zu verdeutlichen, wurden sie farblich abgesetzt. Meine erste Arbeit noch, während des Studiums. |
Vertauschte Farben | Die Helfer wollten lieber gleich losarbeiten. Niemand schaute so recht auf den Entwurf. | Am Morgen wurde jedes Farbgebinde genau zugeteilt, so verringerte sich die Gefahr, dass die einzelnen Farben verwechselt wurden.
Fertig | Zwischendurch gab es einen Baustopp, da für das Farbkonzept keine Genehmigung eingeholt worden war. | Der damalige Landrat setzte sich erfolgreich für die Fertigstellung ein.